Das richtige Netzteil verleiht Ihrem Rechner ordentlich Power
Ohne Strom läuft bei elektrischen Geräten schlichtweg nichts. Gerade bei modernen PC-Systemen mit leistungsstarken Komponenten und damit einhergehend hoher Leistungsaufnahme ist eine sichere und zuverlässige Stromversorgung unabdingbar. In diesem Artikel erläutern wir Ihnen, wie Sie das richtige Netzteil für Ihr Zielsystem finden.
Leistung ist nicht gleich Leistung
Eigentlich sollte man annehmen, dass ein Netzteil dem PC genau die Leistung zur Verfügung stellt, die der Leistungsangabe entspricht. Ein Netzteil mit einer Leistungsangabe von 750 W sollte demnach also 750 W an elektrischer Leistung bereitstellen. In der Summe stimmt das auch, allerdings muss man genau darauf achten, über welche Wege die Leistung zur Verfügung steht.
Die von PC-Komponenten benötigten Spannungen geben Aufschluss. Aus der Historie heraus haben sich fünf verschiedene elektrische Spannungen in PCs etabliert:
- +3,3 V
- +5 V
- +12 V
- -5 V
- -12 V
So waren in der Vergangenheit +3,3 V und +5 V vor allem für Arbeitsspeicher (RAM), Prozessor (CPU) und Grafikkarte (GPU) vorgesehen, +12 V wurden beispielsweise für Lüfter und mechanische Festplatten benötigt. -5 V und -12 V wurden hauptsächlich für Erweiterungskarten wie dedizierte Soundkarten verwendet. Hinzu kommt eine + 5 V SB-Schiene (Standby), die eine bestimmte elektrische Leistung im Standby-Betrieb (zum Beispiel für USB-Schnittstellen) zur Verfügung stellt.
Seit der Einführung der ATX12V-Spezifikation werden Prozessor und Grafikkarte allerdings nicht mehr direkt durch das Netzteil mit +3,3 V und +5 V versorgt, sondern durch Abwärtswandler auf Mainboard und Grafikkartenplatine aus +12 V gespeist. Daher hat die +12 V-Versorgung in modernen Rechnern das mit Abstand höchste Gewicht. Hochwertige Netzteile können fast die komplette Nominalleistung auf der +12 V-Schiene bereitstellen, während Einsteigermodelle eine deutliche Differenz zwischen Nominalleistung und der auf +12 V bereitgestellten Leistung vorweisen. Als weiteres Detail ist der Unterschied zwischen Single- und Multirail-Betrieb bei der +12 V-Schiene zu beachten. Während einige Hersteller die komplette Leistung auf eine einzige elektrische +12 V-Schiene legen, verfolgen andere das sogenannte Multirail-Konzept und teilen die Leistung auf mehrere +12 V-Schienen auf, die jeweils eine maximale Stromstärke erlauben. Daher sollte man bei der Netzteilwahl genau darauf achten, wie viel Leistung über die vom Netzteil bereitgestellten Schnittstellen wirklich bei den Komponenten ankommen kann.
Benötigte elektrische Leistung ermitteln
Die tatsächlich benötigte elektrische Leistung herauszufinden ist gar nicht so leicht, da die Herstellerangaben teilweise deutlich von den tatsächlichen Leistungsaufnahmen abweichen. Oftmals geben Hersteller von Prozessoren und Grafikkarten die sogenannte Thermal Design Power (TDP) an, die fälschlicherweise gern als Leistungsaufnahme interpretiert wird. Vielmehr ist die TDP jedoch eine Angabe, für wie viel Wärmeverlustleistung der benötigte Hardwarekühler ausgelegt werden sollte. Auch eine mögliche Übertaktung und eine damit deutlich erhöhte Leistungsaufnahme wird nicht in der TDP abgebildet. Daher macht es durchaus Sinn, sich bereits im Vorfeld über herstellerunabhängige Informationsquellen wie Online-Magazine über den tatsächlichen Stromverbrauch der Komponenten zu informieren. Dabei sollte jedoch der eigene Anwendungsfall nicht außer Acht gelassen werden, denn in den seltensten Fällen reizt man die Leistungsfähigkeiten aller Komponenten komplett aus. In Gaming-Szenarien mit hoher Auflösung wird beispielsweise die Grafikkarte deutlich stärker beansprucht als der Prozessor.
Im Endeffekt ist für Standardanwender der TDP-Ansatz zur Leistungsabschätzung trotzdem ein probates Mittel, wenn auch technisch nicht hundertprozentig korrekt. Da Prozessor und Grafikkarte in modernen Systemen die mit Abstand größte Leistungsaufnahme haben, können die TDPs dieser beiden Komponenten einfach addiert werden. Hinzu kommt noch die Leistungsaufnahme von weiteren Komponenten wie Mainboard, Arbeitsspeicher, Lüfter und Festplatten, die insgesamt je nach Anzahl zwischen 50 und 100 W liegen kann.
Alternativ bieten einige Netzteilhersteller Netzteilkalkulatoren an, die basierend auf der verbauten Hardware passende Netzteile mit ausreichend Leistung vorschlagen. Allerdings sind die meisten Kalkulatoren sehr konservativ ausgelegt, sodass (für die Hersteller nicht ganz uneigennützig) deutlich leistungsstärkere Modelle vorgeschlagen werden als eigentlich benötigt.
Auf hohe Effizienz und Stabilität achten
Hat man die benötigte elektrische Leistung grob abgeschätzt, sollte man jedoch nicht sofort ein Netzteil in dieser Leistungsklasse kaufen. Neben der Nominalleistung hängt die Netzteilwahl nämlich auch vom Nutzungsverhalten und der Effizienz des Netzteils ab.
Eine sehr gute Einordnung der Effizienz eines Netzteils bietet die 80-Plus-Zertifizierung. Für eine 80-Plus-Zertifizierung wird der Wirkungsgrad bei einer Auslastung von 20 %, 50 % und 100 % gemessen. Je nach erreichten Wirkungsgraden wird ein Netzteil in die Kategorien Standard, Bronze, Silver, Gold, Platinum und Titanium eingeordnet. Nachfolgend haben wir eine Tabelle zusammengestellt, die die notwendigen Mindestwirkungsgrade bei einer Eingangsspannung von 230 V und 115 V zusammenfasst:
Spannung |
Wirkungsgrad |
80-Plus Kategorie |
||
20 % Last |
50 % Last |
100 % Last |
||
230V |
82 % |
85 % |
82 % |
Standard |
85 % |
88 % |
85 % |
Bronze |
|
87 % |
90 % |
87 % |
Silver |
|
90 % |
92 % |
89 % |
Gold |
|
92 % |
94 % |
90 % |
Platinum |
|
94 % |
96 % |
94 % |
Titanium |
|
115V |
80 % |
80 % |
80 % |
Standard |
82 % |
85 % |
82 % |
Bronze |
|
85 % |
88 % |
85 % |
Silver |
|
87 % |
90 % |
87 % |
Gold |
|
90 % |
92 % |
89 % |
Platinum |
|
92 % |
94 % |
90 % |
Titanium |
Aus der Tabelle kann man die Namensherkunft der 80-Plus-Zertifizierung herauslesen, denn für die Standard-Kategorie muss bei einer Eingangsspannung von 115 V an allen Messpunkten eine Effizienz von mindestens 80 % erreicht werden. Außerdem ist zu erkennen, dass die Mindestwirkungsgrade einer Kategorie mit 230 V Eingangsspannung den Mindestwirkungsgraden der jeweils höheren Kategorie bei 115 V Eingangsspannung entspricht (Beispiel: Mindestwirkungsgrade Gold (115 V) = Mindestwirkungsgrade Silver (230 V)). Zusätzlich wird für die Titanium-Zertifizierung bei einer Auslastung von 10 % ein vierter Messpunkt eingeführt, hier muss die Effizienz sowohl bei 115 V als auch bei 230 V 90 % betragen.
Anhand der zu erreichenden Mindestwirkungsgrade ist zu entnehmen, dass Netzteile im Schnitt im Bereich um 50 % Auslastung am effizientesten arbeiten, während die Effizienz vor allem im sehr niedrigen und sehr hohen Lastbereich deutlich geringer ist. Daher sollte auch das Nutzungsverhalten bzw. das Lastprofil des Rechners in die Netzteilwahl einbezogen werden. Nutzt man den PC durchgehend mit hoher Rechenlast (zum Beispiel Rendering oder Gaming), so würde ein großzügig proportioniertes Netzteil, das seine höchste Effizienz bei anwendungstypischer Auslastung der PC-Komponenten erreicht, durchaus Sinn machen. Liegt also beispielsweise die benötigte Leistung bei ca. 400 W, so würde ein Netzteil mit 750 W bis 850 W Nominalleistung durchaus Sinn machen. Wird der PC dagegen vorrangig für leichte Bürotätigkeiten verwendet und soll trotzdem ausreichend Leistung bei Bedarf liefern, wäre ein Netzteil mit etwa 450 W Nominalleistung die sinnvollere Wahl, um bei geringer Leistungsaufnahme trotzdem eine gute Effizienz zu erzielen.
Neben der Effizienz sollte auch auf die Spannungsstabilität und die Ripple-/Noisespannungen geachtet werden. Schwankende Spannungen können die Funktionsweise eines PCs negativ beeinflussen und schlimmstenfalls sogar zu Systemabstürzen führen. Daher ist die Spannungsstabilität ein wichtiges Qualitätsmerkmal moderner Netzteile, die Spannungsabweichung sollte nicht mehr als 5 % betragen. Hinzu kommen die sogenannten Ripple-/Noisespannungen, worunter man hochfrequente Wechselspannungen versteht, die auf die Ausgangsgleichsspannung aufgeprägt sind. Diese entstehen beim Gleichrichtungsprozess im Netzteil und können durch Filterung minimiert werden. Für +3,3 V und +5 V liegt der Grenzwert bei 50 mV pp (peak-to-peak, deutsch: Spitzen-Spitzen-Spannung), für +12 V bei 120 mV pp.
Der richtige Formfaktor für große und kleine Systeme
Selbstverständlich muss das Netzteil nicht nur ausreichend Leistung liefern, sondern auch physisch ins PC-Gehäuse passen. Im PC-Segment haben sich vier verschiedene Formfaktoren etabliert:
- ATX (86mm x 150mm x 140mm)
- SFX-L (63,5mm x 125mm x 130mm)
- SFX (63,5mm x 125mm x 100mm)
- TFX (64mm x 85mm x 175mm)
In den meisten Gehäusen ist der Einsatz von ATX-Netzteilen vorgesehen. Diese sind gemäß Standard zwar eigentlich in ihrer Länge auf 140 mm spezifiziert, können aber auch bis zu 220 mm lang sein. Die übliche Länge hat sich heute zwischen 160 und 170 mm eingependelt. Die deutlich kompakteren SFX- und SFX-L-Netzteile eignen sich für besonders platzsparende PC-Systeme, TFX-Netzteile finden gerne in sehr flachen PC-Gehäusen Anwendung. Es ist jedoch zu beachten, dass im Gegensatz zu Mainboards in Gehäusen meist keine Abwärtskompatibilität gegeben ist, diese allerdings durch den Einsatz zusätzlicher SFX-ATX-Blenden erreicht werden kann. Darüber hinaus sind kompakte Netzteile nicht ganz so leistungsstark ausgelegt wie Standard-ATX-Netzteile, die bereits über 2.000 W liefern können. Die stärksten SFX-L-Netzteile erreichen dagegen derzeit maximal 1.000 W, SFX-Netzteile kommen auf bis zu 850 W und TFX-Modelle erreichen höchstens 700 W.
Wichtige Sicherheitsfeatures für einen gefahrlosen Betrieb
Wo viel elektrische Leistung bereitgestellt wird, herrscht natürlich immer auch die Gefahr, dass es bei Defekten zu Folgeschäden an der Hardware bis hin zum Brand kommen kann. Um dies zu verhindern sind hochwertige Netzteile mit diversen Schutzschaltungen ausgestattet:
- OCP (Over Current Protection, Überstromschutz)
- OVP (Over Voltage Protection, Überspannungsschutz)
- UVP (Under Voltage Protection, Unterspannungsschutz)
- SCP (Short Circuit Protection, Kurzschlussschutz)
- OTP (Over Temperature Protection, Überhitzschutz)
- OPP (Over Power Protection, Überlastschutz)
Bei der Wahl des Netzteils sollte penibel darauf geachtet werden, dass die oben genannten Schutzschaltungen implementiert sind, um einen sicheren PC-Betrieb zu gewährleisten und seine Hardware und natürlich sich selbst keiner Gefahr auszusetzen.
Netzteil mit ausreichend Anschlüssen und Kabeln wählen
Netzteile bieten über verschiedene Kabel unterschiedliche Anschlussmöglichkeiten für Hardwarekomponenten. Die gängigsten Kabel und Stecker sind folgende:
- 20+4-Pin-ATX (Mainboard und darauf befindliche Onboard-Komponenten, RAM, M.2-SSD)
- 8-Pin- bzw. 4+4-Pin-EPS (Prozessor)
- 6+2-Pin- bzw. 6-Pin-PCIe (Grafikkarte)
- 4-Pin-Molex (ehemals Festplatten, heute hauptsächlich statisch betriebene Lüfter oder Beleuchtung)
- SATA (HDDs und SATA-SSDs, dedizierte Lüftersteuerungen)
Bei der Netzteilwahl sollte darauf geachtet werden, dass das Netzteil ausreichend Schnittstellen für die Zielhardware bietet. Manche High-End-Grafikkarten benötigen beispielsweise drei 6+2-Pin-PCIe-Verbindungen, während günstige Netzteile, die potenziell genug Nominalleistung bieten, jedoch lediglich zwei 6+2-Pin-Kabel bereitstellen. Auch beim Einsatz vieler konventioneller Festplatten sollte man auf reichlich SATA-Anschlüsse achten.
Vollmodular, teilmodular oder fest installierte Kabel?
Unter Modularität von Netzteilen versteht man üblicherweise die Möglichkeit, die mit dem Netzteil verbundenen Kabel abnehmen zu können. Netzteile mit fest installierten Kabeln waren in der Vergangenheit Standard und haben den Vorteil, dass keine Kabel verloren gehen können und es zumindest auf der Netzteilseite des Kabels nicht zu losen Steckverbindungen und daraus resultierenden Wackelkontakten kommen kann. Allerdings müssen sämtliche Kabel (auch die nicht benötigten) innerhalb des PC-Gehäuses untergebracht werden, was vor allem in kompakten Systemen zu Komplikationen führen kann.
Abhilfe schaffen hier teilmodulare Netzteile, bei denen üblicherweise nur das 20+4-Pin-ATX- und die 8-Pin-EPS-Kabel fest verbunden sind. Kabel für weitere Peripheriestecker wie Molex, SATA und 6+2-Pin-PCIe sind dagegen abnehmbar, sodass nicht benötigte Kabel nicht im Gehäuse untergebracht werden müssen. Allerdings sollte man diese beispielsweise im Produktkarton des Netzteils verstauen, damit sie nicht verloren gehen. Vollmodulare Netzteile bieten darüber hinaus die Möglichkeit, auch die 20+4-Pin-ATX- und die 8-Pin-EPS-Kabel zu entfernen, obwohl diese zwingend für den Betrieb eines PCs benötigt werden. Dies hat vor allem optische Gründe, denn abnehmbare Kabel können leichter gesleeved (also ummantelt) oder durch andere Kabel ausgetauscht werden. Vor allem in der Casemodding-Szene sind vollmodulare Netzteile sehr beliebt.
Unterschiedliche Kühlkonzepte für maximale Leistung oder lautlosen Betrieb
In üblichen Netzteilen wird zur Kühlung ein Lüfter verbaut, dessen Durchmesser bei ATX-Netzteilen meist zwischen 120 und 140 mm, bei SFX- und SFX-L-Netzteilen zwischen 92 und 120 mm und bei TFX-Modellen zwischen 80 und 92 mm liegt. Bei aktiv gekühlten Netzteilen steigt die Lüfterdrehzahl üblicherweise mit der Temperatur, der Lüfter schaltet sich allerdings nie ab. In diesem Punkt unterscheiden sich semipassive Netzteile, deren Lüfter unterhalb einer bestimmten Temperatur komplett abgeschaltet werden und somit keinerlei Geräusche verursachen. Passive Netzteile verzichten dagegen komplett auf einen Lüfter, sondern geben ihre Abwärme durch ein luftiges Netzeilgehäuse direkt ins PC-Gehäuse ab. Diese Modelle sind allerdings in ihrer Leistung beschränkt, derzeit bieten sie maximal 700 W.
Die meisten modernen Netzteile sind mit semi-passiver Kühlung ausgestattet, sodass bei geringer Last (Idle) keine Lüftergeräusche durch das Netzteil entstehen und sie trotzdem ausreichend elektrische Leistung für High-End-Hardware bieten. Bei hoher Last fällt das Lüftergeräusch des Netzteils außerdem kaum ins Gewicht, da die Kühlung von Prozessor und Grafikkarte meist deutlich lautere Geräusche verursacht als das Netzteil.
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